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Interview mit Prof. Magnus Fröhling zur „Circular Economy Roadmap für Deutschland“

Die Kreislaufwirtschaft kann maßgeblich dazu beitragen, dass Deutschland seine Klima-, Ressourcen- und Nachhaltigkeitsziele erreicht. Jetzt hat die Circular Economy Initiative Deutschland Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft veröffentlicht. Prof. Magnus Fröhling vom TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit ist Teil dieser Initiative und erklärt im Interview, wie eine Kreislaufwirtschaft in Gang kommen kann.

Die Wirtschaft spielt eine zentrale Rolle, damit Deutschland seine Klima- und Nachhaltigkeitsziele erreicht. Dabei ist immer wieder die Rede davon, dass die Circular Economy den Wandel hin zu einer ressourcenschonenden Wertschöpfung gestalten kann. Was verbirgt sich hinter dem Begriff der Circular Economy?

Prof. Dr. Magnus Fröhling

Prof. Dr. Magnus Fröhling, Leiter der Professur Circular Economy. Foto: Heddergott/TUM

Circular Economy ist ein ganzheitlicher Ansatz für ein nachhaltiges Wirtschaften und zielt auf geschlossene Stoffkreisläufe, in denen im Idealfall weniger Materialien länger zirkuliert werden. Damit können Abfälle vermieden und bedeutende Beiträge zur Ressourcenschonung sowie zum Klimaschutz geleistet werden. Wichtig ist, dass sich hierdurch auch Wirtschaftsweise und Geschäftsmodelle ändern. Insofern fordert eine Kreislaufwirtschaft einen umfassenden Transformationsprozess von Wirtschaft und Gesellschaft.

Sie sind gemeinsam mit 130 weiteren Expertinnen und Experten Mitglied der Circular Economy Initiative Deutschland, die eine „Circular Economy Roadmap für Deutschland“ mit Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft veröffentlicht hat. Was sind die erforderlichen Schritte, damit in Deutschland eine Kreislaufwirtschaft entstehen kann?

Es geht darum, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um Circular Economy zu ermöglichen und zu fördern. Ein Ansatzpunkt sind Standardisierungen, um den Zustand gebrauchter oder wiederaufbereiteter Produkte zu klassifizieren. Unabdingbar ist auch Transparenz zu Herkunft, Zusammensetzung und Umweltwirkungen von gebrauchten Materialien und Produkten. Aus politisch-rechtlicher Sicht braucht es Anreize und Pflichten für die involvierten Akteure sowie eine kohärente Produktpolitik, um den Werterhalt von Produkten zu ermöglichen. Dazu gehört etwa, eine Verlängerung von Garantien für die Nutzungsdauer von Produkten zu etablieren, aber auch durch entsprechend gestaltete Recyclingquoten ein qualitativ hochwertiges, werterhaltendes Recycling zu fordern.

Welche Vorschläge hat die Initiative zu ökonomischen Anreizen gemacht?

Die rechtlich-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass sich Kreislaufwirtschaft für die Akteure lohnt. Der Abbau umweltschädlicher Subventionen und die höhere Bepreisung von Abfällen und Emissionen sind wichtige Elemente. Daraus resultierende Mehreinnahmen können dazu verwendet werden, Pilotprojekte beispielsweise zu innovativen Geschäftsmodellen zu fördern oder notwendige Infrastruktur zur Wieder- und Weiterverwendung sowie zum Recycling aufzubauen. An vielen Stellen braucht es auch Forschung und Entwicklung, um Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Verstärkte Anstrengungen im Bereich Bildung und Wissenstransfer sind für die Umsetzung notwendig. Nicht zuletzt braucht es vor allem uns als Privatpersonen, die nachhaltige und zirkuläre Produkte und Dienstleistungen nachfragen. Diese lange Liste zeigt, wie umfangreich und komplex das Thema ist.

Als Inhaber der Professur Circular Economy am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit beschäftigen Sie sich seit Längerem mit diesem gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozess. Was ist Ihr Antrieb, an dem Thema zu forschen?

Zum einen möchte ich mit meinen Arbeiten dazu beitragen, dass wir nachhaltig und sicher im Einklang mit den Möglichkeiten unserer Erde leben, sodass wir nicht die Zukunft der folgenden Generationen gefährden. Zum anderen fasziniert mich das Fach selbst mit seiner Komplexität und Interdisziplinarität sowie der Aktualität und Relevanz. Die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Kreislaufwirtschaft ist gerade noch einmal durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz deutlich geworden. Die Circular Economy spielt übrigens auch im European Green Deal eine zentrale Rolle.

An welchen Themen im Bereich der Circular Economy forscht Ihre Professur?

Wir betrachten die Circular Economy aus systemischer Sicht und schauen auf Technologien und Produkte, den lokalen und regionalen Kontext sowie Industriesektoren. Wir analysieren diese Systeme, entwickeln Konzepte für eine Kreislaufwirtschaft und Methoden zu deren Bewertung aus Nachhaltigkeitssicht. Konkret beschäftigen wir uns etwa mit der Kreislaufführung von Kunststoffen, mit der Umsetzung von Kreislaufwirtschaft in Städten sowie mit Elektroschrott. Im Bereich der Kunststoffe geht es uns um eine Kombination von Ansätzen der Circular Economy mit der Bioeconomy. Wir wollen die Kreislaufschließung und Substitution von fossilen Rohstoffquellen durch bio-basierte Rohstoffe integriert betrachten. In Bezug auf Elektrochrott ist es so, dass große Mengen in Ländern des globalen Südens landen, insbesondere in Westafrika. Wir entwickeln Lösungen für ein nachhaltigeres Management mit digitalen Technologien und unternehmerischen Ansätzen. In diesem Bereich kooperieren wir mit der Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST), einer Partneruniversität der TUM in Ghana.

Ihre Professur koordiniert gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik den Forschungsverbund CirculaTUM für die Circular Economy. Was sind die Ziele von CirculaTUM?

CirculaTUM ist getragen von dem Gedanken, dass wir als TUM für die Fragen und Aufgaben im Hinblick auf die Entwicklung der Circular Economy und deren Umsetzung sehr viele exzellente Forscherinnen und Forscher haben, die diese bearbeiten können. Als eine Austausch- und Aktionsplattform wollen wir Kompetenzen bündeln, um damit die Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft aktiv mitzugestalten. Es geht darum, in der Forschung gemeinsame Initiativen zu starten, Circular Economy breit in unseren Lehrangeboten zu verankern und in Wirtschaft und Gesellschaft hineinzuwirken. Daran arbeiten wir in Arbeitsgruppen zur industriellen Wertschöpfung, bebauten Umwelt sowie zu natürlichen Kreisläufen und Bioökonomie. Wir sind sehr froh, dass schon über zwanzig Professuren unterschiedlicher Schools und Standorte mitmachen.

Publikationen

acatech/Circular Economy Initiative Deutschland/SYSTEMIQ (Hrsg.): Circular Economy Roadmap für Deutschland. München/London 2021

Mehr Informationen

In der 2019 gegründeten Circular Economy Initiative Deutschland (CEID) arbeiten Unternehmen, Forschungseinrichtungen und gesellschaftliche Gruppen zusammen, um ein Ziel für eine Kreislaufwirtschaft in Deutschland zu entwickeln, konkrete Anwendungsfälle zu untersuchen und deren Umsetzung zu unterstützen. Die Federführung liegt bei der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech. Gefördert wird die Initiative vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.